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Zukunft Organisation. Kommentar zur SGO-Jubiläumstagung 26.10.2017 Zürich

Die Schweiz. Gesellschaft für Organisation SGO) hat am 26.10.2017 mit einer halbtägigen Konferenz mit abendlichem Bankett-Dinner in Zürich (Park Hyatt) ihr 50-jähriges Jubiläum gefeiert.

Unter dem Motto «Zukunft Organisation» wurde dabei die digitale Transformation – wie könnte es im Moment auch anders sein – in den Fokus der Tagungsthemen gerückt.

Unter der Moderation von Christine Maier eröffnete Roger de Weck (ex SRG Generaldirektor) den Reigen der Referate (online). De Weck erläuterte anhand von vier Hauptprinzipien, wie der Weg von der digitalen Revolution zur digitalen Organisation (Titel) gelingen soll.  Befähigung (empowerment) der Mitarbeiter steht an erster Stelle. Diese kulturelle Transformation kommt aber allgemein immer noch zu zäh voran. Viele Organisationen haben noch nicht begriffen, dass es in der neuen digitalen Welt auch gilt neue Regeln zuzulassen (New world, New rules!). Weshalb bin ich zB als privater User so mächtig und betrieblich in vielen Belangen gelähmt, wenn es um die (sinnvolle) Nutzung der neuen Errungenschaften und Möglichkeiten geht (zB soziale Technologien)? Dies ist ein Anachronismus sondergleichen, der im folgenden Bild schön illustriert wird (Source: AIIM).

Deshalb sei es so wichtig Hierarchien zu verflachen, experimentierfreudiger zu werden und die nötigen Regeln auszubalancieren (2.). Allerdings sei das Problem immer noch der Mittelbau, der an andern Geschäftszielen gemessen wird, als an der Fähigkeit Prozesse und Informationsmanagement zu digitalisieren. Drittens brauche es in der digitalen Entwicklung einer Organisation eine gewisse Kontinuität verknüpft mit Agilität trotz allen widrigen Disruptionen, denn ohne eine minimale Verlässlichkeit lässt sich kein erfolgversprechendes Geschäftsmodell entwickeln. Schliesslich habe die Digitalisierung ihren Preis, sie sei teuer und man müsse sich darauf einstellen.

Der bekannte Venture Capitalist Spiros Margaris bewegte sich in den Spuren von Jaron Lanier (Who owns the future) und warnte vor den Zeiten der neuen Könige. Er bestätigte indirekt die These des KRM, dass es im Bereich Cybersecurity unmöglich ist, sich (vollständig) zu schützen, es gibt nur «damage control» und (optimierte) Prävention (vgl. aktuell die «Paradise Papers», ein 1,4 TB grosses auf mehrere Players verteiltes Datenleck).

Prof. Lino Guzzella (ETH-Präsident seit 2015) hielt ein starkes Plädoyer für die Innovationskraft der Schweiz. Die ETH ist mit über 8000 globalen Forschungskontakten global sehr gut vernetzt und treibt in diversen strategischen Kernbereichen Initiativen voran ( Swiss Data Science Center, Swiss Personalized Health Network, Max Planck ETH Center for Learning Systems, High Performance Computing). Die ETH-Z gehört auch zu den global führenden Instituten in Bezug auf Cybersecurity (ZISC, Zurich Information Security and Privacy Center). Trotz den guten Noten und Bereitschaft für die Digitalisierung in der Schweiz, gibt es noch Luft nach oben, dies wurde auch 2016 von der EPFL Studie (Tucci) bestätigt.

Prof. Dr. Margit Osterloh sprach über eine verbreitete Managementkrankheit,  die Selbstüberschätzung der eigenen Fähigkeiten (Hybris). Sie werde verstärkt durch die Personalisierung von Star-CEOs und die Vorstellung, dass das Wohl einer Unternehmung allein vom Top-Management abhängt. Eine grosse Zahl empirischer Untersuchungen komme jedoch zum Ergebnis, dass der Erfolg eines Unternehmens nur zu einem geringen Teil auf den Fähigkeiten ihrer CEOs beruhe. Interessant war dann die etwas ausgefallene aber interessante Frage, ob Manager aus einer vorselektierten Auswahl per Zufall in eine Funktion gehievt werden können oder sollen; dies aufgrund der Tatsache, dass Spitzenmanager meist deshalb erfolgreich sind, weil sie zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Zum Glück ist nicht alles planbar. Dürrenmatt hatte wohl recht als er anmerkte: «Je planmässiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer mag sie der Zufall treffen.»

Zum Schluss folgten zwei Beiträge aus der Praxis: Sibylle Kammer, Mitglied der Geschäftsleitung  von Zühlke Engineering AG (zuständig für Business Development), präsentierte zahlreiche spannende Digitalisierungsbeispiele wie sie konkret in einem Geschäftsmodell funktionieren können. Start-ups haben es nicht leicht; ca. 5% schaffen den Durchbruch, dabei sind rund 90% aller Business Modell Innovationen reine Rekombinationen.

Oliver Hauri, Mitglied der Gruppenleitung bei Lista Office, verantwortlich für Forschung und Entwicklung zukünftiger Arbeitswelten und Organisationsformen, referierte ziemlich ausführlich über die Tücken und Stolpersteine auf dem Weg zur agilen Organisation.  Wie kann das moderne Büro den Kulturwandel unterstützen und Mitarbeitende befähigen agil zu arbeiten. Es geht im Wesentlichen um den Aufbau einer Kooperations-, Kollaborations- und Vertrauenskultur, was ja kaum jemand bestreitet. Wir können aber nicht «ab sofort» und quasi auf Befehl «spontan» innovativ und kreativ werden wie dies zB bei www.smartworking.swiss suggeriert wird. Die Innovationsforschung (knowledge management Research) hat u.a. herausgefunden, dass die besten Ideen draussen in der Natur oder in einem nicht betrieblichen Kontext generiert werden. «We love Monday» kann dann schnell auch ins Gegenteil verkehren und aus überschüssiger Agilität und Positivität Borderline Syndrome hervorrufen (Stichwort Müdigkeitsgesellschaft), insbesondere wenn die Agilität und Flexibilität in Selbstausbeutung umschlägt (zB permanente Erreichbarkeit).

Fazit: Qualitativ hochstehende Präsentationen von teilweise hochkarätigen Referenten. Mit dem Buzzword «Agilität» wird allerdings wieder eine neue Begriffssau durchs Dorf gejagt. Die Prinzipien der Agilität sind alles andere als neu. Beeindruckend ist lediglich die Kreativität, mit der immer wieder neue Begrifflichkeiten ins Feld geführt werden, die die Veränderungsfähigkeit von Unternehmen umschreiben. Die entsprechende Management Literatur wiederholt sich. Das einzige Kriterium der Theorie ist die Praxis egal in welchen Kategorien ich mich bewege, sei es nun die «Lernende Organisation“ (Senge) oder eine falsch verstandene Knowledge Management Philosophie. Die negative Konsequenz ist: Durch die Erfindung immer neuer Begriffe für das immer Gleiche geht das Wissen darüber verloren, welche Effekte sich einstellen, wenn bestimmte Managementprinzipien wie zum Beispiel Selbstorganisation eingeführt werden. Ich plädiere  mit dem Betriebssoziologen S. Kühl für eine realistische Betrachtung und sage grundsätzlich: es geht primär um eine Balance und ein Zusammenspiel zwischen den betrieblichen Konstanten Macht, Vertrauen und Verständigung. Damit geht es Schritt für Schritt zum angestrebten organisationalen Wandel (zB laterale Führung), der auch die Governance Fragen nicht vernachlässigt (vgl. KRM Blog)! Wer steuert und lenkt denn schliesslich die ganze digitale Transformation innerhalb einer Organisation? Was taugt zB ein «Chief Data Officer (CDO) in einem reinen Top-Down Approach? Darüber hört man noch zu wenig.

In einem heiteren Abschluss vermochte der Comedian Fabian Unteregger das Publikum zu begeistern.

Jeder Teilnehmer konnte nach dem reich befrachteten Tag mit einem Jubiläumsbuch nach Hause reisen. Das 500-seitige Werk vereinigt eine thematisch unglaublich breite Palette von Beiträgen von rund fünfzig Autoren. «Management Wissen. Was Leader erfolgreich macht» (Springer Gabler Verlag) so der Titel, enthält am Schluss einen historischen Abriss über die Entwicklung der SGO, der zentrale Inhalt und Nutzen des Bands liegt jedoch in der geballten Integration von aktuellem  strategischen, taktischen und operativen Wissens über Innovation, Leadership, Personal und Organisation.

 

JH/8.11.2017

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