Update: Aufbewahrung der Geschäftskorrespondenz?

Geschäftskorrespondenz – Aufbewahrungspflicht?

Seit dem 1.1.2013 gilt im Schweizerischen Handelsrecht der Grundsatz, dass die Geschäftskorrespondenz nicht mehr aufbewahrungspflichtig ist. Was bedeutet dies für die Unternehmen? Welche Fälle betrachten Sie als grenzwertig und wo besteht Erklärungsbedarf?

Gemäss OR gelten die folgenden Aufbewahrungsregeln:

Aufbewahrungspflicht von „Daten“ nach CH-Recht 2013
KonstellationK1K2K3K4K5K6K7K8K9K10K11K12K13K14K15K16
Daten sind bestimmt und geeignet eine rechtlich bedeutende Tatsache zu beweisen (=Urkunde)?JJJJNNNNJNJNNJNJ
Haben die Daten eine Buchung ausgelöst?JJJNNNNJJNNJnJJN
Können sie für den Nachweis einer Buchung/Tatsache dienen?JJNNNNJJNJJNJNJN
Kann die Buchung/Tatsache nur damit nachvollzogen werden?JNNNNJJJNJNJNJNJ
Müssen diese Daten archiviert werden?
JA, müssen in beliebiger Form archiviert werdenXXXXXXXXXX
JA, müssen in Papierform archiviert werden
NEIN, müssen nicht archiviert werdenX
JA, Archivierung kann aber durch einen Risk-Management Entscheid abgelehnt werdenXXX
NEIN, Archivierung kann aber durch einen Risk-Management Entscheid befürwortet werdenXX
Spezialfall OR 958f Abs. 2
Geschäftsbericht oder Revisionsbericht?JJJJJJJJJJJJJJJJ
Muss unterzeichnet und in Papierform archiviert werdenXXXXXXXXXXXXXXXX

Anleitung:  Spalte identifizieren, die zur konkreten Dokumentenklasse, bzw. Frage passt.
Beispiel: K7 sind Akten/Daten/Dokumente die keinen unmittelbaren Urkundencharakter haben, keine Buchung ausgelöst haben aber für den Nachweis einer Buchung notwendig sind. Damit müssen diese Daten archiviert werden, wobei es keine Formvorschrift gibt. Folglich erfolgt die Archivierung normalerweise elektronisch.
Diese Angaben müssen in die Taxonomie (Struktur der Unternehmensdaten) übernommen werden.

 

Dies ist die gesetzliche Betrachtung nach OR. Damit nicht abgedeckt sind spezialgesetzliche Anforderungen sowie Überlegungen zum Risk Management. Gerade im Zusammenhang mit der Geschäftskorrespondenz müssen Überlegungen angestellt werden, die schlussendlich in die Taxonomie (funktionale Klassifikation) oder Liste der Aufbewahrungsobjekte einfliessen.

Eine LANGFRISTIGE Aufbewahrung (Archivierung) der Geschäftskorrespondenz ist in folgenden Fällen angezeigt:

  • Hohe Risikoexposition auf Grund der Erfahrung mit Projekt/Produkt/Kunden/Behörden etc.
  • Geforderte lückenlose Dossierbildung auf Grund spezialgesetzlicher Vorschrift (z.B. bei Risikoanalysen oder Konformitätsnachweisen)
  • Kommunikation exponierter Verantwortungsträger (VR, GL)

Es ist zwingend, diese Kriterien für die eigene Organisation festzulegen und nach einheitlichen Massstäben umzusetzen.  Vor simplen Lösungsansätzen (z.B. flächendeckender E-Mail Archivierung) wird ausdrücklich abgeraten!

 

 

 

 

 

1 Kommentar

  1. Das hat auch Auswirkungen auf die Archivierung von E-Mails. Geschäftskorrespondenz wird heute zu 90% über Mail abgewickelt. Ein E-Mail Journaling ist deshalb nur noch Unternehmen zu empfehlen, welche sehr hohen Compliance Anforderungen genügen müssen. Wir empfehlen das Studium des Kapitels 4.7. im Leitfaden Information Governance sowie die Rechtsgrundlagen in Kapitel 3

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